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SPD Weißenstadt

SPD Hochfranken: Industrie 4.0 - Zwischen Chance und Risiko

Arbeit & Wirtschaft

Die Arbeitswelt befindet sich im Umbruch – die BayernSPD Landtagsfraktion hat Arbeitnehmer wie Arbeitgeber zu einem ermutigenden Fachgespräch in den Frankenwald eingeladen.

Neuses. –  Wenn von der sogenannten vierten industriellen Revolution die Rede ist, dann ist der rasante, technische Fortschritt im Bereich Automatisierung und Digitalisierung gemeint. Dieser Prozess verändert nicht nur unsere Arbeitswelt, auch unser Zusammenleben wird soeben grundlegend geprägt. Wie jede Veränderung auch, birgt dies Chancen wie Risiken.  Welche genau, und wie Politik, Gesellschaft und Wirtschaft darauf reagieren sollten, das hat die BayernSPD Landtagsfraktion im Rahmen eines Fachgesprächs diskutiert.

„Was ist dran an den Ängsten? Was hat es mit der Digitalisierung auf sich, die wie ein Damoklesschwert über der oberfränkischen Region schwebt? Sind die Sorgen der Arbeitnehmer berechtigt? Was birgt dieser Prozess für Chancen für den Industriestandort Oberfranken?“, fragte eingangs Landtagsabgeordneter Klaus Adelt, der als Moderator durch die Diskussion führte.

SPD-Bundestagskandidatin Doris Aschenbrenner ist in ihrem zweiten Leben Fachfrau für den Bereich Internet und Digitalisierung. Die Sozialdemokratin sieht immensen Handlungsbereich. Sie verwies auf eine amerikanische Studie, nach der durch den Digitalisierungsprozess bereits 50 Prozent der Arbeitskräfte weggefallen sind. Andrerseits hat sich durch neu entstandene Aufgaben ein Pool an vielfältigen Arbeitsbereichen und Arbeitsplatzmodellen generiert - Fachkräfte werden händeringend gesucht.

 „Jede neue Technologie bringt zunächst eine gewisse Unsicherheit mit sich“, weiß Christi Degen, IHK-Hauptgeschäftsführerin. Sie kann Ängste der Arbeitnehmer nachempfinden; ganze Fertigungsanlagen organisieren sich selbst oder arbeiten ohne Arbeitskraft. Technische cyber-physische Systeme, die über das Internet miteinander kommunizieren – geprägt vom Begriff Smart Factory. Degen führte auf, dass beispielsweise Sensoren mit Kabelsträngen verbunden in die Erde eingelassen werden. Störungen werden direkt an ein Meldesystem weitergeleitet. Es braucht Arbeitskräfte, die mit Technik vertraut sind. Die IHK Oberfranken bietet Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern entsprechende Lehrgänge an.

Da setzt auch Natascha Kohnen an und äußert Bedenken: Bei Umfragen zeigt sich nur ein knappes Prozent der Arbeitnehmer über Industrialisierung 4.0 informiert. „Diese Unwissenheit verstärkt Ängste“.  Das Wissen, über welches junge Arbeitnehmer verfügen, das habe sich diese Generation autodidaktisch beigebracht. „Industrie 4.0  muss in die Lehrpläne Einzug halten“, fordert Kohnen. Dabei spiele der Umgang mit der digitalen Kompetenz eine entscheidende Rolle. Dauererreichbarkeit erzeuge Stress, weshalb Kohnen eine systematische Nachbearbeitung des Arbeitsschutzgesetzes als Notwendig ansieht.

Hendrik Montag-Schwappacher vom Innovations-Zentrum Region Kronach e.V. verwies auf den Studiengang Zukunftsdesign an der Fachhochschule Coburg. Hier finden sich kreative Möglichkeiten um Veränderungen erfinderisch wie systematisch zu begegnen. Seit knapp zwei Jahrzehnten ist die Digitalisierung im Prozess. „Wir können nicht voraussehen, wohin die Digitalisierung läuft“ , so der Experte. Mit „Pokemon Go“ ist der Entwickler eher zufällig zum Erfolg gelangt: Bei der hier verwendeten Software wurde ursprünglich an Konstruktionspläne oder Reparaturanleitungen gedacht.  „Ich sehe keinen Grund, warum Unternehmen nicht in die Digitalisierung investieren sollten“, so  Montag-Schwappacher. Oberfranken hat in der Vergangenheit große Firmen hervorgebracht. Nun sei es daran, pfiffige Köpfe zu finden und passende Ideen weiter voran zu bringen.

Thomas Koller, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Oberfranken, brachte das Beispiel eines Malers ein. Der hatte in ein Programm für digitales Aufmaß investiert, weitere Kalkulations-Software bietet Möglichkeit, unterschiedlichste Kostenvoranschläge zu erstellen. Auch 3-D-Drucker haben sich im Handwerk etabliert. Orthopädiewerkstätten erstellen Patienten eine auf den Fuß zugeschnittene Einlage. Das Handwerk hat Nischenprodukte für sich entdeckt und Firmen kann mit Spezialaufträgen punkten. Man sei davon abgekommen, Massen zu produzieren, deren Preis sich negativ auf den Arbeitslohn auswirkte. Koller macht Mut: „Wir müssen lernen mit Veränderungen zielgerecht umzugehen und wir müssen Betriebe als auch deren Mitarbeiter dort abholen, wo sie stehen“.

„So viele kleinen Betriebe sind von Großen gefressen worden“, gab daraufhin ein Gast nachdenklich zu bedenken und fragte: „Man kann doch nicht Hundertausende in Maschinen und Sicherheit investieren?“

„Doch, das geht; sogar mit einem verhältnismäßig geringen Einsatz pro Monat kann ein Handwerker einen größeren Cashflow generieren“, entgegnete ihm Prof. Valentin Plenk vom Institut für Informationssysteme der Hochschule Hof. Während ein Handwerker vor einigen Jahren noch Tage mit der Rechnung beschäftigt war, könne diese heute bereits einen Tag später im Briefkasten liegen. Gerade die ländliche Gegend des Frankenwaldes, da ist sich der Referent sicher, bietet eine gute Basis für Neuansiedlungen.

Der geförderte Ausbau von Breitband-Netzen ist im vollen Gange. Der Durchbruch der industriellen Revolution wird eine neue Art der Arbeit ermöglichen. Natürlich mag sich beim Gedanken an die 4. Revolution Unbehagen breit machen; zu groß ist die Angst einzelner, auf der Datenbahn der Digitalisierung überholt oder wegrationalisiert zu werden. Arbeitnehmer, die sich mit Kursen weiterbilden, profitieren von der Entwicklung: Programme und Maschinen werden dem Arbeitnehmer zusätzliche Arbeit abnehmen, ihm Zeit für Entwicklung ermöglichen. Der Weg geht weg von der Massenproduktion, die sich in den vergangenen Jahren negativ auf Lohnentwicklung und Arbeitswelt ausgewirkt hat. Alte Berufsbilder fallen weg, klar. Dafür entstehen neue Berufe. Nun liegt es an Visionäre und Macher, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vierte Revolution umzusetzen wie einst die Menschen vor 150 Jahren die Industrialisierung. Glaubt man den Fachleuten, so werden sich gerade im Bereich des Lohnsektors positive Änderungen herauskristallisieren.

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Die BayernSPD lud zum Fachgespräch: Hendrik Montag-Schwappacher (Innovations-Zentrum Region Kronach e.V.), Professor Dr. Valentin Plenk (stellvertretender Leiter des Instituts für Informationssysteme (iisys) der Hochschule Hof), Doris Aschenbrenner (wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Telematik e.V. und Bundestags-Direktkandidatin der SPD im Wahlkreis Coburg/Kronach), Natascha Kohnen (MdL und Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie), Klaus Adelt (MdL Sprecher der oberfränkischen  SPD-Landtagsabgeordneten), Christi Degen, (Hauptgeschäftsführerin der IHK Oberfranken) und Thomas Koller (Hauptgeschäftsführer Handwerkskammer Oberfranken) diskutierten angeregt über die Chancen und Risiken von Industrie 4.0.

 

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